von Meike Simpson & Rainer Molzahn
Das nachfolgende Interview zwischen Meike und Rainer ist das erste in einer kurzen Reihe von Gesprächen, mit denen wir einige Mitglieder unserer Community vor allem den Interessent*innen an der nächsten Ausbildungsreihe 'Transformatives Coaching' vorstellen möchten. Meike wird nämlich assistieren.
Die Rolle der Assistenz ist eine sehr spezielle. Peggy und Rainer wissen das aus eigener persönlicher Erfahrung: man/frau ist nicht Trainer*in und nicht Teilnehmer*in. Daraus ergeben sich spezifische Herausforderungen und Möglichkeiten.
Rainer: Liebe Meike, vielleicht beginnen wir mit 2, 3 Sätzen zu dir, um dich unseren Leser*innen vorzustellen: Wo lebst du, was machst du, wann war deine eigene Coaching-Ausbildung?
Meike: Gern, Rainer. Ich lebe mit meinem Mann Florian in Weyhe bei Bremen, mitten auf dem platten Land mit viel Natur in einem Mehrgenerationenhaus mit meinen Eltern. Mein erstes Berufsleben hatte ich in der Gastronomie. Seit 2010 arbeite ich als Trainerin branchen- und bundesländerübergreifend - seit 2017 bis jetzt war/bin ich selbstständig.
Seit September 2020 bin ich aber zusätzlich auch wieder Angestellte bei einem Träger (das Leben kann eine Achterbahn sein, sag ich Dir). Dort arbeite ich als Projektkoordinatorin und Coach mit langzeitarbeitssuchenden Menschen. Meine Coaching-Ausbildung habe ich 2015/16 zum Glück, möchte ich betonen, bei Dir und Peggy gemacht – damals, als wir uns noch umarmt haben und solche verrückten Dinge, weißt Du noch?
Rainer: Wenn du an deine eigene Coaching-Ausbildung denkst, was ist die erste eindrückliche Erinnerung, die dir in den Sinn kommt?
Meike: Das ist ein Gedanke, ganz klar: „Cool, ich bin doch kein Alien – es gibt andere wie mich.“
Rainer: Weißt du noch, wer oder was diesen Gedanken damals auslöste? Der ist ja sehr gewichtvoll …
Meike: Ja, das weiß ich noch genau. Das war der Check-In zu Beginn dieser ersten Ausbildungswoche. Während ich Peggy, Dir und den anderen Teilnehmern zuhörte und Euch betrachtete, fühlte ich mich so was von zugehörig. Das war mir vorher noch nie passiert und hat mich fast umgehauen. Alle haben dort über ihre Erwartungen, Motivationen, Wahrnehmungen, Gefühle, Ängste, Hoffnungen, … geredet. Und ich wurde so oft von allen gesprochen, dass ich schon am ersten Tag dachte: „Hoffentlich dauert diese Woche ewig.“
Rainer: Das klingt nach einem guten Beginn! Wenn du jetzt auf die Ausbildung insgesamt zurückblickst, und auf deinen Prozess mit ihr, was war aus heutiger Sicht wohl dein wichtigster, weil folgenreichster Lerngewinn?
Meike: Hm, ich glaub, meine wichtigste Erkenntnis ist, dass ich erst mir selbst helfen (lassen) muss, bevor ich anderen helfen kann. Das war der schwierigste Teil überhaupt für mich. Anfangs hatte ich gar nicht kapiert, was die Ausbildung mit mir selbst zu tun hat oder haben könnte. Meine Erwartung war, dass ich theoretisch und praktisch lerne, anderen noch professioneller zu helfen. Irgendwann wurde es aber unmöglich, meine eigene Wahrnehmung für mich selbst weiter zu unterdrücken. Und vielleicht war auch das mein folgenreichster Lernerfolg: Den Schiss an der Grenze gegen die Wahrnehmung zu haben und sie trotzdem zu überwinden. Erst in der Hoffnung und später mit der Gewissheit, dass wir uns alle gegenseitig begleiten und keiner da alleine durch muss.
Rainer: Ich bin auch immer wieder tief beeindruckt, bei mir selbst und anderen, wie lange es ‚gut‘ gehen kann, nichts zu merken.
Meine nächste Frage: Welche Folgen hat dieser Lerngewinn für deine eigene Coaching-Praxis gehabt? Für die Art und Weise, wie du andere in ihrem eigenen Prozess begleitest? Für deinen persönlichen Stil?
Meike: Wenn ich das Gefühl habe, es könnte für mein Gegenüber hilfreich sein, berichte ich auch mal von meinen eigenen Erfahrungen und Prozessen. Wie viel Kraft es mich über viele Jahre gekostet hat, mein Innerstes zu unterdrücken und so zu tun, als wäre bei mir alles bestens. Und dass ich dann zum Glück Leute getroffen habe, die mir geholfen haben. Einfach so. Ich sehe und spüre oft, dass ich damit genau das ausdrücke, was mein Gegenüber beschäftigt und merke, wie uns das verbindet und in Beziehung bringt. Die Isolation – „Nur mir geht das so.“, „Nur ich habe das erlebt“, „Ich bin allein damit“ – kann sich auflösen: Wenn der Coachee will, sind wir ab jetzt schon zu zweit.
Dabei ist mir wichtig, dass mein Coachee immer die Wahl hat: „Du kannst das alleine machen. Das ist möglich und vielleicht auch genau Dein Ding. Und Du kannst es auch mit mir als Deine Begleiterin auf Zeit tun. Beides ist für mich völlig gut.“ Ich glaube, überhaupt eine Wahl zu haben, sich nicht handlungsunfähig zu fühlen und sich zu entscheiden, mit jemandem zu arbeiten, der sich selbst nicht doch irgendwann in den Mittelpunkt stellt, ist für viele Menschen neu. Ein ehrliches Hilfsangebot zu bekommen, ohne etwas Bestimmtes dafür leisten oder gegenleisten zu müssen, auch. Und nicht vorverurteilt zu werden, sowieso. Ich glaube an meine Coachees, und das hilft ihnen aus meiner Erfahrung dabei, an sich selbst und zumindest die Möglichkeit einer Veränderung zu glauben. All das habe ich in der Coachingausbildung selbst erlebt, und das gebe ich jetzt von Herzen gerne zurück und weiter.
Rainer: Die Kraft der Beziehung … Wenn du jetzt mal an deine Assistenz in der Ausbildungsreihe ab Herbst nächsten Jahres denkst: Was würdest du gerne geben, was würdest du gerne nehmen?
Meike: Och, ich schmeiße alles in den Ring, was gebraucht werden könnte: mein Beziehungsangebot, Mitgefühl, meinen Humor und meinen Verstand, Erfahrung und meine Unterstützung für die Transformationsprozesse der Teilnehmenden.
Ich möchte daran wachsen und lernen, lernen, lernen. Und großartig würde es für mich sein, wenn wir gemeinsam lernen und zusammen viel schlauer werden als jeder es für sich allein ohnehin schon ist oder noch werden könnte.
Und wer weiß? Vielleicht finden wir ja sogar neue Cocos; das wäre dann wohl perfekt.
Rainer: Da nimmst du mir die Worte aus dem Mund! Was, glaubst du, würde die Coaching Community für neue Absolvent*innen attraktiv machen?
Meike: Du meinst, davon abgesehen, dass wir ein umwerfender, vor Diversität, Charme, Klugheit, Demut, Selbstorganisation, Talent, Neugier, Wissensdurst, Toleranz, Tiefgang, Witz, Bescheidenheit, Größenwahn, visionärer, zukunftsfähiger, uns gegenseitig unterstützender, inspirierender, … sprühender bunter Haufen Menschen sind?
Hm…da fällt mir jetzt so direkt auch nichts ein. Können wir die Frage überspringen?
Rainer: Das machen wir, in aller Demut :-). Eigentlich sind wir für den Moment auch durch. Sicher werden wir unseren Dialog während und nach der nächsten Ausbildungsrunde fortsetzen. Peggy und ich freuen uns auf die Zusammenarbeit!
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